Inhalt:
Interview
Auszug aus dem Interview zum Thema „Innenraumluft“
Interviewpartner: Clemens Häusler, Inhaber des Bauphysikbüros "bauphysik.at", und Hans-Peter Hutter, stellvertretender Leiter des Departments für Umwelthygiene und Umweltmedizin der MedUni Wien.
Hubert Meszaros (OIB): "Experten bemängeln ja schon seit längerem die Innenraumluftqualität in Bildungsstätten. Können Sie uns Auskunft darüber geben, ob sich in neuen oder auch zukünftigen gesetzlichen Bestimmungen, Normen oder sonstigen Regelwerken Anforderungen bezüglich der Innenraumluftqualität bei Neubau oder Sanierung von z.B. Schulen oder Kindergärten wiederfinden bzw. finden werden?"
Hans-Peter Hutter
Vom Österreichischen Institut für Schul- und Sportstättenbau (ÖISS) gibt es zu Lüftung von Schulräumen detaillierte Richtlinien, die auch in der ÖNORM H 6039 Niederschlag gefunden haben. Diese Vorgaben gelten als offizielle Vorgaben für Schulen etc., die jedenfalls aus meiner nicht juristischen Sicht für Bundesschulen praktisch bindend sind, für Landesschulen und Schulen in Gemeinden nur als eine Empfehlung zu betrachten sind. Die bautechnischen Regelungen der Länder, basierend auf die OIB-Richtlinie 3, schreiben eine ausreichende Lüftung vor, die in Schulen und Kindergarten zu gewährleisten ist. Wenn diese Vorgabe tatsächlich im Sinne der Einhaltung medizinisch erforderlicher Mindeststandards der Innenraumluft ernst genommen wird, ist in solchen dicht belegten Räumen eine mechanische Lüftungsanlage in der Regel unumgänglich. Nach dem Positionspapier des Arbeitskreises „Innenraumluft“ im Bundesministerium für Klimaschutz ist hier die kostengünstigste Option eine Hybrid-Lüftungsanlage, bei der selbstverständlich auch die Fensterlüftung eine zentrale Rolle spielt. Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig eine ausreichende Lüftung von Schulräumen und dergleichen ist, um hohe Infektionsraten zu vermeiden.
Hubert Meszaros (OIB): "In der OIB-Richtlinie 3 "Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz" findet sich seit der ersten Ausgabe im Jahr 2007 die Forderung, dass Aufenthaltsräume und Sanitärräume durch unmittelbar ins Freie führende Fenster, Türen und dergleichen ausreichend gelüftet werden können. Eine mechanische Lüftung hingegen ist lediglich als Kompensationsmaßnahme vorgesehen. Wie kommt es, dass sich dennoch die Mär, dass man für jedes neu errichtete Gebäude zwingend eine kontrollierte Wohnraumlüftung benötigt, so hartnäckig hält - traut man den Gebäudenutzern etwa nicht mehr zu, die Fenster in regelmäßigen Abständen zu öffnen und wie sehen Ihre Erfahrungen aus der Praxis in Bezug auf die Wartung solcher Lüftungsanlagen aus?"
Clemens Häusler
… Abseits der unterschiedlichen Belegung ist aber auch der natürliche Luftwechsel (Falschluftrate), welcher sich aus der Dichtigkeit der Gebäudehülle (Blower-Door-Test), der Windgeschwindigkeit und der Lage des Gebäudes ergibt, sehr unterschiedlich. Je nach Gesamtsituation kann der Luftwechsel bei geschlossenen Fenstern unter üblichen Verhältnissen 0,2-mal bis 15-mal pro Tag betragen, d.h. von praktisch luftdicht bis zu einem ausreichenden hygienischen Luftwechsel auch ganz ohne manuelle Lüftung. Eine kontrollierte Wohnraumlüftung ist eine Frage des Komforts und der gewünschten Qualität. Niemand erstickt, weil ein Gebäude zu dicht ist. Andererseits gibt es auch keine Hörschäden, wenn der Schallschutz nicht passt und niemand erfriert bei unzureichendem Wärmeschutz, dennoch gibt es hier (strenge) baurechtliche Grenzwerte. Lediglich einen „ausreichenden“ Luftwechsel zu fordern (wie beispielsweise in der OIB-Richtlinie 3), erscheint nicht mehr zeitgemäß. Leider gibt es keine Norm, d.h. keinen allgemein anerkannten Stand der Technik, zur Ermittlung des natürlichen Luftwechsels, deshalb sollte man beim Gedanken an mögliche Anforderungen sehr zurückhaltend sein. Alternativ sollte ein Lüftungskonzept gefordert werden. Dies gibt dem Bauherrn einen Einblick in die möglichen Maßnahmen bezüglich Schimmelvermeidung, Luftqualität und sommerlicher Überwärmung.
Das gesamte Interview finden Sie in OIB aktuell, 1.2024