Folge 3:
Faktoren für Wohlbefinden in Büros
Der häufigste Störfaktor ist Lärm – praktisch nicht messbar in Dezibel, sondern durch Verständlichkeit der Sprache. Sitzen am Nebentisch Personen, deren Sprache wir nicht verstehen, lenkt uns das kaum ab. Redet aber jemand in unserer Sprache und wir verstehen die Sätze, müssen wir uns deutlich auf unser eigenes Gespräch konzentrieren. Im Büro spricht das Gegenüber immer wieder über Dinge, die unsere Arbeit betreffen könnten. Unweigerlich hören wir hin und verlieren die Konzentration. Aus oben Gesagtem resultiert auch eine Störung durch Vorbeigehende, die als Menschen interessanter sind als PKWs.
Burnout hat nach der emotionalen Erschöpfung auch „Irritation“ als Risikofaktor, ebenso wie die Arbeitsüberlastung. Die Sinnesorgane sind Teil dieser Überlastung und Irritation. Länger als Burnout kennen wir das Sick-Building-Syndrome, wenn mehr als 10 % der Belegschaft in einem bestimmten Gebäude an denselben Symptomen leiden. Ursache dafür sind oft Gerüche, die in Neubauten auftreten. Diesen wird mit Lüftung über gekippte Fenster begegnet, wenn es für gänzliche Öffnung zu kalt ist. Daraus resultiert wieder eine sehr trockene Luft mit Reizungen der Schleimhäute der Atemwege und der Augen, was von den Nutzern häufig als „und giftig muss es auch sein“ interpretiert wird.
Schlechte Ergonomie verursacht Verspannungen – manchmal allein durch Blendung: Die Augen und die Sichtsituation bestimmen die Kopfhaltung wesentlich, diese die der Wirbelsäule. Natürlich spielen auch Gewöhnungseffekte eine Rolle, die bei Mitbestimmung in der Planungsphase erleichtert werden.
Schwieriger noch wird es bei Verdacht auf multiple chemical sensitivity, MCS. Dieses sehr seltene Phänomen (die Spitze eines Eisberges) zeigt sich durch sehr unangenehme vegetative Reaktionen vor allem bei geruchlicher Belastung. Kopfschmerzen, Schleimhautbrennen, Atemnot und Schmerzen sind die häufigsten Symptome. Es könnte sich um einen Informations-getriggerten Symptomenkomplex handeln. Die Problematik liegt dabei in ständig fortschreitender Sensibilisierung und letztlich im sozialen Ausschluss. MCS ist ein Lehrbeispiel, wie sehr Informationen krank – respektive gesund – machen können. Es ist wichtig, früh Beschwerden ernst zu nehmen und nicht nur auf Einhaltung von Normen und Gesetzen zu pochen. In Betrieben wird in diesen Fällen die Arbeitsmedizin bzw. die AUVA hinzugezogen.
 Lüftung
Die Lüftung hat natürlich nicht nur der Abfuhr von CO2 und Chemikalien zu dienen. Der Mensch will „frische Luft“, was das auch immer heißt. Oftmals geht es um einen erwünschten Geruchseindruck. Wir sind ganzheitlich „biophil“ und fühlen uns in einem sterilen, weißen Raum ohne Fenster bei Totenstille nicht wohl. Auch für Lüftung gibt es ein Optimum, das selten das Maximum ist. In den letzten Wintern haben viele Krankenanstalten wegen COVID-Gefahr die Lüftung auf „max“ gestellt. Ohne Nachbefeuchtung resultierte eine sehr trockene Luft unter 15 % relativer Feuchte.

Auch in Verkehrsmitteln ist es im Winter oft überheizt und eher überlüftet
Unsere Atemwege werden durch den „Schleimstrom“ gereinigt und dieser durch täglich 2000-faches „leeres Schlucken“ – ohne Essen oder Trinken – in den Magen entsorgt. Allein die Augen produzieren 500 ml Tränenflüssigkeit pro Tag. Darin enthalten sind Schutzstoffe und zellspaltende Enzyme, die Bakterien angreifen etc. Aus den Bronchien fördern Millionen Flimmerhärchen mit 1,2 cm pro Minute den Schleim nach oben. Das Mittelohr wird über die Eustachische Röhre gereinigt. All das wird bei Austrocknung stark reduziert – mehr Infektionen bei weniger Viren in der Luft sind möglich. Noch dazu ist besonders bei Aerosol-getragenen Viren der Durchmesser der ausgeatmeten Wasserpartikel so klein, dass bei trockener Luft Wasser schnell verdunstet, die Partikel noch kleiner werden und sich wie Gas verhalten. Derart endet eine Infektionsgefahr nicht hinter dem Baby-Elefanten, sondern nach ausreichender Verdünnung in etwa 20 m Entfernung. Noch ansteckender als die Omikron-Variante ist jedoch das Masern-Virus.
Ebenso ist auch die Mindest-Raumhöhe nur eine Bedingung für ausreichend Luft. So groß kann ein Schlafzimmer kaum sein, dass es ohne künstliche Belüftung bei geschlossenen Türen und Fenstern, bei Belegung durch zwei Personen, nicht in einen suboptimalen Bereich > 1500 ppm CO2 kommt. Für die letzten zwei Schlafstunden kann das toleriert werden, aber 5000 ppm ab der halben Schlafenszeit nicht. Daher gibt es die Möglichkeit, mit einem Umweltmedizin-Gutachten nachzuweisen, dass das Schutzziel auch anders erreicht wird. Bei den psychologischen Effekten der Raumhöhe kommt es auch auf Farbe und Helligkeit (damit auch auf Beleuchtung und Belichtung) der Decke an, auf Ausblick und Höhe der Fenster, auf Raumakustik und Formensprache.
Resümee
Schwere Verstöße gegen „artgerechte“ Gebäude – selbst, wenn die OIB-Richtlinien und die Arbeitsstättenverordnung eingehalten sind – müssten nicht sein. Es gibt eine Handvoll gerichtlich zertifizierter Umweltmediziner und Architekturpsychologen in Österreich. Ideal wäre daher eine Beiziehung dieser schon vor der Planung.