Das Forschungsprojekt SAVE bringt zirkuläre Gebäudetechnik auf ein neues Level – durch Urinseparation direkt im Gebäude. Das spart Ressourcen, entlastet Kläranlagen und erzeugt lokal Dünger für begrünte Fassaden und Dächer. Ein Pilotprojekt im „Village im Dritten“ zeigt, wie aus Abwasser ökologische Verantwortung und smarte Stadtentwicklung wird.
Text Dipl.-Ing. Susanne Formanek, GRÜNSTATTGRAU Forschungs- und Innovations GmbH
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Laufen save! (c) Laufen
Ressourcenschonende Nährstoffrückgewinnung im Gebäude: Das Forschungsprojekt SAVE als Pionier zirkulärer Haustechnikkonzepte
Urin enthält hohe Konzentrationen an Stickstoff und Phosphor – zwei zentrale Elemente für die Düngemittelproduktion. Wird dieser wertvolle Rohstoff direkt an der Quelle getrennt und aufbereitet, eröffnet dies neue Perspektiven für die nachhaltige Gebäudetechnik und das Ressourcenmanagement im urbanen Raum. Genau hier setzt das Forschungsprojekt SAVE – circular approaches for green buildings! an.
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Problemstellung: Nährstoffüberschüsse belasten Gewässer
Konventionelle Kläranlagen entfernen im Durchschnitt weniger als 80 % des Stickstoffs aus dem Abwasser. Der verbleibende Anteil gelangt über Vorfluter in Flüsse, Seen und letztlich ins Meer – gemeinsam mit Nährstoffeinträgen aus der Landwirtschaft. Die Folge sind Eutrophierung und Sauerstoffmangelzonen, in denen biologische Vielfalt verloren geht. Der gezielte Entzug dieser Stoffe direkt am Entstehungsort wäre daher sowohl ökologisch als auch haustechnisch sinnvoll.
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Technologischer Ansatz: Urinseparation mit Teekannenprinzip
Das Wiener Designstudio EOOS NEXT, bekannt für sozial und ökologisch orientiertes Industriedesign, entwickelte gemeinsam mit dem Sanitärhersteller Laufen eine neuartige Urinseparationstoilette namens „save!“. Das System nutzt ein physikalisches Prinzip, das aus dem Alltag bekannt ist: Wie bei einer schlecht konstruierten Teekanne läuft Flüssigkeit bei langsamer Bewegung an der Außenseite ab. Dieses Verhalten wird beim „save!“-WC gezielt genutzt, um Urin ohne mechanische Bauteile in eine separate „Urinfalle“ zu leiten. Dort wird er über ein eigenes Leitungssystem gesammelt und vor Ort zwischengespeichert.

Abb. Visualisierung BTW Village im Dritten, expressiv/Gerner Gerner plus und heri&salli
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Forschungspartnerschaft und Pilotprojekt im Wohnbau
Das durch BMIMI und FFG geförderte Projekt SAVE wurde 2022 gestartet. Neben EOOS NEXT und Laufen sind auch der Bauträger ARWAG, das Institute of Building Research & Innovation sowie die Plattform GRÜNSTATTGRAU beteiligt. Im Fokus steht die Integration der Technologie in ein real genutztes Neubauprojekt: das „Village im Dritten – Das Stadtregal“, ein Wohnbau mit rund 120 Einheiten. Hier kommen 36 Wohnungen erstmals mit „save!“-Toiletten zum Einsatz.
Das Forschungsprojekt verfolgt ein zirkuläres Gesamtkonzept: Der gesammelte Urin wird lokal in Düngemittel umgewandelt und für die Bauwerksbegrünung am selben Standort verwendet. Diese Verbindung von sanitärtechnischer Ressourcengewinnung und grün-blauer Infrastruktur fördert die Mikroklimaverbesserung und Verdunstungskühlung im Quartier.
Technische und bauphysikalische Potenziale:
- Pro 100 Nutzer:innen können jährlich etwa 400 kg Stickstoff und 40 kg Phosphor rückgewonnen werden – ausreichend zur Düngung von rund 4 ha Nutzfläche.
- Die lokale Verwertung reduziert Treibhausgasemissionen, spart Erdgas (Stickstoffsynthese) und vermeidet umweltintensiven Phosphat-Tagebau.
- In Kombination mit extensiver oder intensiver Fassaden- und Dachbegrünung lassen sich die Wärmelasten reduzieren, die Verdunstungsleistung erhöhen und Regenwasserspitzen abpuffern.
- Die Reduktion des Uringehalts im Abwasser entlastet das Kanalsystem und vereinfacht die biologische Nährstoffentfernung in Kläranlagen.
Die Verknüpfung von Wasser- und Nährstoffkreisläufen mit thermisch wirksamen Begrünungsstrategien schafft ein hohes Maß an Ressourceneffizienz. Gleichzeitig erlaubt die Systemintegration neue Bewertungsansätze im Sinne des Life Cycle Engineerings, sowohl in ökonomischer als auch ökologischer Hinsicht.
Das SAVE-Projekt steht exemplarisch für das Potenzial zirkulärer Gebäudekonzepte: Es kombiniert technische Innovation, bauphysikalische Wirksamkeit und ökologische Verantwortung. Durch die Nutzung von Urin als Ressource entsteht eine neue Qualität der Nachhaltigkeit im urbanen Bauen – integrativ, messbar und kreislauforientiert.
Weitere Informationen: SAVE circular approaches for green buildings! – GRÜNSTATTGRAU (gruenstattgrau.at)