Inhalt:
Interview
Auszug aus dem Interview zum Thema „Brandschutz bei Green Buildings“
Interviewpartner: Dieter WERNER, Leiter des Bauphysiklabors der Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsstelle der Stadt Wien (MA 39), und Gerald Hofer, Bauwerksbegrünungsexperte, der das Kompetenzzentrum GRÜNSTATTGRAU mit aufgebaut hat
Christian Kerschbaum (OIB): "Auch Grünfassaden können brennen. Wie sind die bisherigen Erfahrungen in der Praxis?"
Dieter WERNER
… Da es für die gängigen Fassadensysteme, wie zum Beispiel Wärmedämmverbundsysteme und vorgehängte hinterlüftete Fassaden, genau definierte brandschutztechnische Anforderungen gibt, war klar, dass auch das Brandverhalten von Fassadenbegrünungen zu untersuchen ist.
Einschlägige Literatur war nicht vorhanden, sodass die Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsstelle der Stadt Wien als international renommierte Prüfeinrichtung die Initiative übernahm und bislang drei große Studien zum Thema durchgeführt hat – soweit bekannt, ein weltweit einzigartiges Forschungsdesign. Im Rahmen dieser Studien wurden achtzehn Brandversuche an Fassadenbegrünungen jeweils in der „klassischen“ Versuchsanordnung nach ÖNORM B 3800-5 im Labor geprüft, und zwar Begrünungen in den unterschiedlichsten Systemen: Efeu wandgebunden, Pflanzen in metallischen Trogsystemen, Begrünungen auf Rankhilfen oder auf bestehende Polystyrol-Wärmedämmverbundsysteme montiert und vieles mehr. Dabei zeigten sich einige immer wiederkehrende Ergebnisse:
- Gerät die Begrünung in Brand, so ist ein kurzzeitiges, wenige Sekunden langes Durchzünden der Pflanzen nach oben zu erwarten. Eine Brandweiterleitung ist also grundsätzlich möglich.
- Eine seitliche Brandausbreitung war in keinem der Laborversuche zu beobachten.
- Das Herabfallen großer Fassadenteile konnte nicht beobachtet werden.
Offen blieb daher einzig die Frage, wie die Brandweiterleitung wirksam eingeschränkt werden kann. Wir haben dazu gute Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, wie etwa auskragende Brandabschottungen aus Stahlblech sowie bestimmte Abstandsregelungen. Diese bewirken, dass die Entzündungstemperatur der Begrünung nicht erreicht wird und es somit zu keinem Mitbrand der Begrünung kommt. ...
Christian Kerschbaum (OIB): "Worauf ist bei der Planung und Wartung von Grünfassaden hinsichtlich des Brandschutzes zu achten?"
Gerald Hofer
Seit der letzten Wiener Bauordnungsnovelle ist die Fassadenbegrünung im Ausmaß von 20 % der straßenseitigen Fassadenfläche, bei Neubauten ab 7,5 m bis 26 m Gebäudehöhe, verpflichtend vorgeschrieben. Um diese Vorgaben kosteneffizient und mikroklimatisch sinnvoll erreichen zu können, muss allerdings die Architektur den aktuellen Bedürfnissen angepasst werden.
Nicht nur die Umsetzung, sondern auch die regelmäßige Pflege und Wartung der Gebäudebegrünung müssen nach dem Prinzip der integralen Planung schon ganz am Anfang, in der Konzeptentwicklung, mitbetrachtet werden. Hierfür stehen diverse Leitfäden (z. B. Fassadenbegrünungsleitfaden der Stadt Wien) als auch Normen, wie die ÖNORM L 1136 „Vertikalbegrünung im Außenraum – Anforderungen an Planung, Ausführung, Pflege und Kontrolle“, zur Verfügung. Auch die deutsche FLL-Richtlinie für Fassadenbegrünung enthält sehr nützliche und praxisrelevante Informationen.
Die ÖNORM L 1136 gibt je nach gewählter Fassadenbegrünungskategorie (I – V) die Pflegeintensivität und den optimalen Pflegeintervall vor. Oft lassen sich die Pflegekosten mit erleichterter Zugänglichkeit und intelligenten sowie einfachen Lösungen wie Überwuchsleisten, welche zusätzlich als Brandschutzblech fungieren, deutlich reduzieren. ...
Das gesamte Interview finden Sie in OIB aktuell, 2.2023