Vieles, womit unsere Räume ausgestattet sind, trägt zu einer „schlechten“ Raumluftqualität bei. Die Beurteilung der Raumluftqualität aufgrund von Messungen der Bauprodukte in der sogenannten Prüfkammer soll genauso wie die Messung der Raumluft in fertiggestellten Räumen nach einheitlichen Richtlinien erfolgen, um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.

Text und Fotos Caterina Dawid

Was ist Innenraumluftqualität?

Der Begriff betrachtet jene Aspekte der Raumluft, die Auswirkungen auf das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Produktivität der Menschen haben. Nach einer Erhebung des deutschen Umweltbundesamtes halten sich die Menschen in Deutschland heute durchschnittlich 80 bis 90 % ihrer Lebenszeit in Innenräumen auf und atmen dabei, je nach Alter und Aktivität, zwischen 10 und 20 m³ Luft am Tag ein. Dies entspricht einer Masse von 12 bis 24 kg Luft. In der ÖNORM EN ISO 16000-1 [1] sind im Anhang A die wichtigsten Arten von Innenräumen und die in ihnen häufig anzutreffenden Quellen von Luftverunreinigungen aufgelistet.

Generell sind der Mensch, Baumaterialien, Einrichtungsgegenstände, Renovierungsmaterialien, Reinigungsmittel, biozidhaltige Produkte, wie Desinfektionsmittel oder Konservierungsmittel, Lüftungs- und Klimaanlagensysteme, Außenluft und Heizgeräte als Beispiele für emittierende Quellen angeführt. Aber auch Kochvorgänge, Tabakrauch, Kamine, Kosmetika, Hobbyarbeiten oder Spielsachen können eine Quelle für Luftverunreinigungen sein.

Welche Komponenten von welchen Quellen stammen können, zeigt die folgende nicht vollständige Aufstellung der am häufigsten nachgewiesenen Stoffe:

  • Vom Körper der Nutzer (Menschen und Haustiere) selbst erzeugte Verunreinigungen:
  • sehr flüchtige Stoffe wie Aceton und Alkohole,
  • aus Fritteusen, offenen Feuerstellen und Tabakrauch: Acrolein, Benzol, Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH),
  • aus Farbstoffen, Lacken, Anstrichmittel oder Holzschutzmittel: Toluol, Terpene, Pinen, Limonen sowie mittel- bis schwerflüchtige Halogenkohlenwasserstoffe wie Lindan oder Pentachlorphenol,
  • aus Spanplatten, Möbeln, offenen Feuerstellen, Tabakrauch, Dämmstoffen und Desinfektionsmitteln: Formaldehyd.

Richtlinien für Raumluftqualität

Während für Arbeitsplätze, an denen mit Gefahrstoffen umgegangen wird, Grenz- und Richtwerte nach den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) gelten, trifft dies für Räume nicht zu. Die vom Arbeitsschutz her bekannte Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK) wird nicht zur Bewertung der Raumluft herangezogen.

Österreich hat pro Schadstoff einen Richtwert, den WIR (Wirkungsbezogener Innenraum Richtwert), der vom Arbeitskreis Innenraumluft am Umweltministerium gemeinsam mit der Akademie der Wissenschaften festgelegt wird. Ein Wirkungsbezogener Innenraum Richtwert stellt jene Konzentration dar, dessen Unterschreitung nach derzeitigem Wissensstand keine schädliche Wirkung auf den Menschen hat. [2]

Da Bauprodukte über ihre Emissionen wesentlich zur Belastung der Innenraumluft beitragen können, hat der Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB) Prüfund Bewertungskriterien erarbeitet und daraus ein Bewertungsschema für VOC-Emissionen veröffentlicht [3]. Die Geschäftsstelle des AgBB ist im deutschen Umweltbundesamt angesiedelt. In den Anforderungen an die Innenraumluftqualität in Gebäuden (Ausgabe 2021) steht: „Eine gesundheitlich zumutbare Raumluftqualität in Aufenthaltsräumen ist durch die Begrenzung der Stofflasten aus Bauprodukten sicherzustellen.“ Des Weiteren wird auch auf die ÖNORM EN 16516 [4] als bauaufsichtliches Nachweisverfahren für die Bewertung der Emissionen von flüchtigen organischen Verbindungen verwiesen. Die Emission von Substanzen aus Bauprodukten ist sehr stark von den Bedingungen abhängig, unter denen diese Bauprodukte geprüft werden. So haben die Lufttemperatur, die relative Luftfeuchtigkeit, der Luftwechsel und die Luftgeschwindigkeit in der Kammer, genauso wie die Menge oder Fläche des Materials, einen entscheidenden Einfluss, was und wie viel gefunden wird.

Auch die Gemeinschaft emissionsarmer Verlegewerkstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte e.V. hat ein Prüfsiegel herausgegeben, das Emicode®-Siegel, welches ebenfalls unterschiedliche Emissionskategorien nennt. Die für die Vergabe des Emicode®-Siegels notwendigen Prüfungen sind ausschließlich durch Labore durchzuführen, die die definierte GEV-Prüfmethode beherrschen und deren Akkreditierung nach ÖNORM EN ISO 17025 [5] die Prüfungen auch gemäß ÖNORM EN 16516 umfasst. Die normative Grundlage für die Untersuchung bilden also die ÖNORM EN 16516 sowie die ÖNORMEN ISO 16000 Teil 9 [6] bis Teil 11 [7].

Normen, wozu?

Normen werden mit allgemeiner Zustimmung erstellt und von anerkannten Normeninstitutionen angenommen. Sie sind die Basis für die Vereinheitlichung von Abläufen. Daher sind die Ergebnisse der Untersuchungen, wenn sie nach den zitierten Normen gemacht wurden, vergleichbar, auch wenn verschiedene Prüfinstitute diese durchgeführt haben. Noch einen Schritt weiter hinsichtlich Vergleichbarkeit unterschiedlicher Prüfinstitute geht das Emicode®-Siegel, das noch eine Akkreditierung nach ÖNORM EN ISO 17025 vorsieht. Die Akkreditierung nach ÖNORM EN ISO 17025 ist ein auf nationaler und internationaler Ebene hochgeschätzter Nachweis der Kompetenz und stellt sicher, dass die Analysenergebnisse glaubwürdig, richtig und vergleichbar sind. Es wird durch die Akkreditierung garantiert, dass immer nach den neuesten Normen oder Richtlinien gearbeitet und dass die Qualität der Prüfungen überwacht wird. Ein sehr wichtiges Instrument zur Überwachung der Qualität ist die, für ein akkreditiertes Unternehmen verpflichtende, Teilnahme an Ringversuchen. Mehrere Labore erhalten eine identische Probe, die unter festgelegten (genormten) Bedingungen analysiert werden muss. Die Ergebnisse werden statistisch aufbereitet und somit wird die Messgenauigkeit der Laboratorien bewertet.

Überprüfung der Raumluftqualität

Die Messung der Raumluftqualität kann auf zwei unterschiedliche Weisen erfolgen:

  • Die Untersuchung von Emissionen an Bauprodukten vor Einbau in die Räume
  • Die Untersuchung von Raumluft in Neubauten, renovierten oder neu ausgestatteten Räumen

Kammerprüfung

Die Probenahme und der Probentransport haben einen sehr großen Einfluss auf die Ergebnisse. Da leichtflüchtige Substanzen bestimmt werden sollen, regelt die ÖNORM EN ISO 16000-11 einerseits die Stelle, an der z.B. aus einer Meterware die Probe entnommen werden soll, aber andererseits auch, in welcher Weise die Probe zu verpacken ist, damit nicht zu viel der zu untersuchenden Stoffe bereits beim Transport verschwinden können. Auch die Handhabung von flüssigen Proben ist in diesem Teil geregelt. Da die Emissionskammer einen Modellraum darstellt, hat auch die Größe des Prüfstückes einen Einfluss auf die Ergebnisse der Emissionen. Dies wird im sogenannten Beladungsfaktor angegeben und soll dem Verhältnis in einem realen Raum entsprechen.

Die ÖNORM EN ISO 16000-9 regelt die Bedingungen in der Kammer, wie Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit und auch die sogenannte Luftwechselrate. Laut ÖNORM EN 16516 ist das Prüfklima in Intervallen von 30 Minuten aufzuzeichnen und es darf die mittlere Temperatur in der Prüfkammer vom Sollwert nicht allzu sehr abweichen. Die Luftprobenahme selbst sowie die analytischen Verfahren zur Bestimmung der flüchtigen Substanzen (VOC) sind in der DIN ISO 16000-6 [8], der ÖNORM EN ISO 16017 [9] sowie in der ÖNORM EN 16516 geregelt.

Die Luftprobenahme erfolgt mittels Pumpen aus der Kammer-Abluft direkt auf Probenahmeröhrchen. Hier ist es besonders wichtig, dass die Pumpe ein genaues Gasvolumen ansaugt und auch anzeigen kann, wie viel genau angesaugt wurde, da die Analysenergebnisse vom Probenvolumen auf m³ umgerechnet werden. Die Probenahmeröhrchen halten die Analyten fest, damit diese ins Analyselabor gebracht werden können. Die Probenahmeröhrchen sind mit sogenannten Sorbenzien gefüllt. Nicht alle Sorbenzien eignen sich für alle Aufgabenstellungen. Die Norm ÖNORM EN 16516 beschreibt einige Sorbenzien und gibt auch deren Verwendungsbereich an.

Raumluftmessung gemäß ÖNORM EN ISO 16000 Teil 5

Wenn man nun die Raumluftqualität in einem bezugsfertigen Neubau oder einem frisch renovierten Raum untersuchen will, dann ist in der ÖNORM EN ISO 16000-5 [10] festgelegt, was im Vorfeld einer solchen Messung zu beachten ist. Da die Probenahme und die Vorbereitung der Räume auf die Probenahme einen größeren Einfluss auf die Genauigkeit der Messergebnisse haben als die eigentliche Analytik, ist hier besonders viel Sorgfalt an eine geregelte und standardisierte Vorgehensweise zu legen. So geht auch die Norm auf Unterschiede in der Belüftung der Räume ein – Räume mit und ohne raumlufttechnische Anlagen werden beschrieben.

In der Abbildung ist ein typischer Aufbau für die Probenahme von Raumluft zu sehen. Hier sind zwei Pumpen zu sehen, welche die Raumluft durch je zwei Probenahmeröhrchen ziehen. Auch hier ist es wichtig, das angesaugte Probenvolumen genau zu kennen. Die auf den Röhrchen festgehaltenen Substanzen werden im Labor untersucht.

Analyse der genommenen Luftproben

Die Analyse wird mit Geräten, die dem Stand der Technik entsprechen, durchgeführt, sowohl die ÖNORM EN ISO 16000-3 [11], die ÖNORM EN ISO 16000-6 als auch die ÖNORM EN 16516 geben die Analysensysteme vor. Mit einer Analyse können etwa 200 einzelne Analyten sowohl identifiziert werden als auch ihre Menge in der genommenen Luftprobe bestimmt werden, sofern sie mehr als 5µg/m³ beträgt. Die Identifizierung der Substanzen erfolgt über sogenannte Spektrenbibliotheken bzw. über das Messsystem selbst, die Bestimmung der Quantität der Analyten über Kalibrationen des Systems. Auch hier wird wieder die Qualitätssicherung von den Normen vorgegeben: Teilnahme an Ringversuchen, Bestimmung von Blindwertproben, Überprüfung des Systems mit sogenannten Referenzsubstanzen.

Literatur- und Normenverzeichnis

[1] ÖNORM EN ISO 16000-1: Innenraumluftverunreinigungen. Teil 1: Allgemeine Aspekte der Probenahmestrategie, 1. Juni 2006.

[2] Tappler, P.; Moshammer, H.; Hutter, H-P.: Gesunde Raumluft in Arbeitsräumen, (PDF) WEKA Verlag GmbH.

[3] Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB): Anforderungen an die Innenraumluftqualität in Gebäuden: Gesundheitliche Bewertung der Emissionen von flüchtigen organischen Verbindungen (VVOC, VOC und SVOC) aus Bauprodukten, (PDF) Umweltbundesamt Deutschland, 2021.

[4] ÖNORM EN 16516: Bauprodukte: Bewertung der Freisetzung von gefährlichen Stoffen – Bestimmung von Emissionen in die Innenraumluft, 15. Jänner 2021.

[5] ÖVE/ÖNORM EN ISO/IEC 17025: Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüfund Kalibrierlaboratorien, 15. Februar 2018.

[6] ÖNORM EN ISO 16000-9: Innenraumluftverunreinigungen. Teil 9: Bestimmung der Emission von flüchtigen organischen Verbindungen aus Bauprodukten und Einrichtungsgegenständen – Emissionsprüfkammer-Verfahren, 15. Dezember 2011.

[7] ÖNORM EN ISO 16000-11: Innenraumluftverunreinigungen. Teil 11: Bestimmung der Emission von flüchtigen organischen Verbindungen aus Bauprodukten und Einrichtungsgegenständen – Probenahme, Lagerung der Proben und Vorbereitung der Prüfstücke, 1. Juni 2006.

[8] DIN ISO 16000-6: Innenraumluftverunreinigungen. Teil 6: Bestimmung organischer Verbindungen (VVOC, VOC, SVOC) in Innenraumund Prüfkammerluft durch aktive Probenahme auf Adsorptionsröhrchen, thermischer Desorption und Gaschromatographie mit MS oder MS-FID, 1. März 2022.

[9] ÖNORM EN ISO 16017: Innenraumluft, Außenraumluft und Luft am Arbeitsplatz – Probenahme und Analyse flüchtiger organischer Verbindungen durch Sorptionsröhrchen/thermische Desorption/KapillarGaschromatographie. Teil 1: Probenahme mit einer Pumpe, 1. Juni 2001.

[10] ÖNORM EN ISO 16000-5: Innenraumluftverunreinigungen. Teil 5: Probenahmestrategie für flüchtige organische Verbindungen (VOC), 1. Juni 2007.

[11] DIN ISO 16000-3: Innenraumluftverunreinigungen. Teil 3: Messen von Formaldehyd und anderen Carbonylverbindungen in der Innenraumluft und in Prüfkammern – Probenahme mit einer Pumpe, 1. Dezember 2023.

[12] ÖVE/ÖNORM EN 45020: Normung und damit zusammenhängende Tätigkeiten – Allgemeine Begriffe, 1. Februar 2007.