Für die Umsetzung von Schwammstadt-Projekten gibt es mittlerweile vielfäl­tige Möglichkeiten. Hinsichtlich der unterschiedlichen Methoden und bau­technischen Ausführungen soll das Thema „Bepflanzung im urbanen Bereich“ anhand einiger realisierter Beispiele dargestellt werden.

Text Georg Zeleny

Der Begriff „Schwammstadt“ (englisch Sponge City) ist mittlerweile ein häufig gebrauchtes Schlagwort und beschreibt grundsätzlich ein Konzept der Stadtplanung, möglichst viel anfallendes Regen- bzw. Oberflächenwasser vor Ort und damit dezentral aufzunehmen und zu speichern, anstatt es unmittelbar über die Kanalisation abzuleiten. Dadurch soll verhindert werden, dass es zu Überflutungen bei Starkregen­Ereignissen kommt bzw. diese abgemindert werden. Das Stadtklima soll verbessert und die Gesundheit von Stadtbäumen sowie die Resilienz von gesamten Stadtökosystemen gefördert werden, was eine wichtige Klimawandel­Anpassungsmaßnahme darstellt. Darüber hinaus tragen Stadtpflanzen als „Grüne Infrastruktur“ zur Verbesserung der Stadthygiene sowie des Mikroklimas bei.

Es gibt mittlerweile sehr viele verschiedene Ausführungsmöglichkeiten – von der Geländeoberfläche über Rankflächen und Fassadenbegrünungen bis hin zu Dächern. Daher soll in diesem Beitrag nur auf Ausführungsarten im Bereich der Geländeoberfläche eingegangen werden. Damit die „Schwammstadt“ ihre Wirkung entfalten kann und ihrem Namen gerecht wird, sind bei der Planung und Umsetzung dieser grünen Infrastruktur technische Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Faktoren zu berücksichtigen. Anhand von bereits ausgeführten Anlagen wird gezeigt, dass es mittlerweile unterschiedliche Arten der Realisierung und der bautechnischen Umsetzung gibt.

Was immer zu beachten und für eine fachgerechte Planung unabdingbar ist, sind Daten über den anstehenden Untergrund bzw. Boden und seine Eigenschaften, Kenntnis der vorhandenen Einbauten und der benachbarten Gebäude sowie die Art und Ausdehnung der zu entwässernden Flächen. Weiters müssen auch zahlreiche Regelwerke, wie beispielsweise das ÖWAV­Regelblatt 45 [1], die ÖNORM B 2506 Teile 1 bis 3 [2], die Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser [3] und viele andere mehr, beachtet werden.

 

Unterschiedliche Schwammstadt-Bauweisen

Stockholm-System

Eine Möglichkeit der Umsetzung ist die Verwendung von „structural soils“ (sehr grobkörnige Tragschichten in relativ großer Ausdehnung mit dazwischen eingeschlämmten Feinsubstrat unter Verwendung von Zusätzen wie Pflanzenkohle) als Wurzelraum, der meist mit dem Einbau von Leitungen für die Belüftung und die Bewässerung der Pflanzbereiche verbunden ist. Diese Bauart wird landläufig als Stockholm-System bezeichnet und ist ein in Schweden entwickeltes System, das für Österreich adaptiert wurde und beispielsweise seit 2017 in Graz oder auch seit 2023 im Ortszentrum von Amstetten (NÖ) zur Anwendung gelangt.

In Graz wurde das Stockholm­System bereits bei mehreren Projekten umgesetzt, zum Beispiel in der Eggenberger­Allee oder am Kaiser­Josef­Platz sowie in der Köflachergasse. Die umgebenden Oberflächen außerhalb der unmittelbaren Pflanzbereiche der Bäume können für den Fahrrad- und Fahrzeugverkehr sowie für andere Nutzungen mit Asphalt oder Pflasterbelägen ausgestattet werden, da die Versorgung der Bäume über die eingebauten Bewässerungsleitungen und die Belüftungsleitungen möglich ist. Sind die Flächen des Projektgebietes system- oder nutzungsnotwendig weitgehend zu befestigen, kann diese Ausführung vorteilhaft sein. Durch die technische Ausstattung können diese Systeme auch an eher ungünstigen Standorten ausgeführt werden. Zu beachten ist, dass bei dieser Ausführungsart das unmittelbare Einleiten von Oberflächenwasser nur von sehr wenig verunreinigten Flächen (Klasse F1 lt. ÖWAV RB 45) erfolgen darf.

Die unterirdische Einleitung und Verteilung von Dachwässern ist grundsätzlich möglich und auch sinnvoll, dabei sind aber unbedingt rechtliche Aspekte zu beachten, wenn die Dachwässer von nicht öffentlichen Bereichen stammen sollten. Durch die begrenzte Wasserspeichermöglichkeit ist die Zufuhr von Wasser in kurzen periodischen Abständen notwendig, im Stadtgebiet durch geeignete Bewässerungsanlagen aber umsetzbar. Der mittels structural soils geschaffene Wurzelraum kann mit Asphalt- oder Pflasterflächen überbaut werden, was in sehr dicht verbauten und genutzten Zentrumslagen Vorteile bringen kann. Weiters ist die Kombination mit Sickerbeeten möglich.

 

Der Wurzelraum ist mit Asphalt­ oder Pflasterflächen überbaut, © 3zu0_Landschaftsarchitektur

StreetTREE©

Eine weitere Schwammstadt­Bauweise bei beschränkten Platzverhältnissen und nicht verlegbaren Einbauten ist StreetTREE©. Der innovative Ansatz ermöglicht die Pflanzung von Bäumen unabhängig von vorhandenen Einbauten, stellt dem Baum ausreichendes Wurzelvolumen zur Verfügung und bildet eine mögliche Komponente einer Schwammstadt. Diese Bauweise soll die Pflanzung von Bäumen in der Bestandsstadt ermöglichen und somit einen wertvollen Beitrag zur Klimawandelanpassung leisten.

Dabei wird im Erdreich eine Wanne mit Substrat als Retentionsbecken und Wasserspeicher für den Baum angelegt. Oberirdisch wird der Jungbaum in einen Pflanzring gesetzt, wodurch eine Erweiterung des Wurzelraums entsteht. Das gespeicherte Wasser aus dem Untergrund wird dem Baum mittels Pumpe zugeleitet und dieser wird so vor Ort bewässert. Der Pflanzring besteht aus Kunststoff oder Beton. Das ganze System nimmt die Größe eines Parkplatzes ein und ist vor allem für bereits vorhandene Straßenräume gedacht, da durch den nach unten offenen Pflanzring der Wurzelraum erweitert werden kann. Im Pflanzring und dem darunter liegenden Bereich wird ein Substrat mit guter Wasserspeicherkapazität verwendet. Versiegelte Oberflächen werden zur Wasserbereitstellung und Nährstoffversorgung für den Baum genutzt und der eingeschränkte Wurzelraum somit kompensiert. Durch die Wanne geht das Wasser nicht verloren. Eine negative Beeinflussung des Grundwassers ist auch nicht anzunehmen, da bei voller Wanne ein Überlauf in den Kanal erfolgt – ein Baustein für ein dezentrales und nachhaltiges Regenwassermanagement. In der Stadtgemeinde Wieselburg (NÖ) wurde ein Straßenzug mit diesem System aus heimischer Entwicklung ausgestattet und mittels Monitoring über drei Jahre wissenschaftlich begleitet.

 

Bestandteil solcher Anlagen ist das Setzen von Bäumen, Büschen, Stauden und anderen Pflanzen in den
Substratkörper, Regelquerschnitt DrainGarden©,
© Zenebio GmbH

DrainGarden©

Ein anderer Ansatz wird mit der Schaffung von begrünten oder teilbegrünten Flächen – sogenannter „Grüner Infrastruktur“ – oder zumindest versickerungsfähigen Flächen innerhalb von Siedlungsgebieten verfolgt. Diese Flächen erlauben erst die Einrichtung von gut wirksamen Regenwassermanagementmaßnahmen, d.h. die dezentrale Aufnahme und Speicherung von Niederschlagswasser. Kann das Regenwasser von Gehwegen, Hauszufahrten, Dächern und Feuerwehrzufahrten, somit von nicht verunreinigten Flächen unmittelbar eingeleitet werden, muss bei der Entwässerung von Siedlungsstraßen, öffentlichen Plätzen oder Parkplätzen zusätzlich darauf geachtet werden, dass durch das Substrat in den Grünflächen auch eine gesicherte und nachweisliche Reinigung des Regenwassers ermöglicht wird, um keine Verunreinigungen in das Grundwasser einzubringen. Das Setzen von Bäumen, Büschen, Stauden und anderen Pflanzen in den Substratkörper ist integraler Bestandteil solcher Anlagen, da möglichst viel Wasser verdunstet werden soll. Die erforderlichen Volumina der Substratkörper und die notwendigen Wurzelräume für Bäume korrelieren zumeist gut und können so einer mehrfachen Nutzung zugeführt werden.

Diese Art der Ausführung kann mit entsprechend hergestellten Substratmischungen wie z. B. dem System DrainGarden© ausgeführt werden. Diese Bauweise wurde in den letzten Jahren von österreichischen Firmen unter wissenschaftlicher Begleitung heimischer Universitätsinstitute entwickelt und seit 2013 in dutzenden Projekten umgesetzt.

Im Zuge der Projektierung sind die zu entwässernden Flächen in Bezug auf die Größe und die Flächenart zu definieren und der anstehende Boden mit seinen Eigenschaften, insbesondere seiner Durchlässigkeit, zu erkunden. Um Siedlungsflächen frei von Oberflächenabflüssen in die Kanalisation zu bauen, werden die Anlagen auf die lokale zumindest 30­jährliche Niederschlagsreihe bemessen. Dazu muss die Oberfläche der Anlagen so groß sein, dass die Einleitung und Infiltration des ankommenden Regenwassers nachweislich gewährleistet werden können, da diese Bauweise ohne tiefe Mulden oder Becken auskommt. Die erforderliche Anlagengröße, d.h. das Volumen der Substratkörper wird so bemessen, dass die Starkregenereignisse sicher innerhalb des Substrates aufgenommen werden können. In der Regel erfolgt eine Einleitung verunreinigter Oberflächenwässer in die Anlagen, weshalb der Hersteller eines solchen Substrates nachweisen können muss, dass die Reinigungsleistung gesichert eingehalten werden kann. Letztendlich soll Wasser auch versickern können und der Schutz des Grundwassers ist eine unabdingbare Voraussetzung. Es gibt mittlerweile viele Beispiele, wo Projekte mit dem DrainGarden©­System eingesetzt werden. Die unterschiedlichen Varianten werden anhand einiger Beispiele gezeigt.

Ober-Grafendorf

Es kann die Zentrumsgestaltung in Ober­Grafendorf (NÖ) angeführt werden, die in den Jahren 2022 und 2023 ausgeführt wurde. Die asphaltierten Fahrbahnbereiche wurden auf das erforderliche Mindestmaß reduziert, zusätzliche Grünflächen mit Bäumen, Büschen und Staudenbeeten geschaffen, eine mit Kletterpflanzen berankte Pergola mit beschatteten Sitzmöglichkeiten und Infotafeln errichtet. Gehbereiche wurden teilweise mit einer hellen, wassergebundenen Decke und teilweise mit einem hellen Pflasterbelag gestaltet. Parkplätze wurden stückweise mit Rasenliner­Steinen und dem geeigneten Substrat teilentsiegelt sowie ein Buswartehäuschen mit einem Extensivdach aufgestellt. Dabei wurde besonders darauf geachtet, dass das Regenwasser möglichst großflächig in die Grünflächen und damit in die mit Bäumen und Büschen sowie Stauden bepflanzten Substratkörper abfließen kann.

Bundesschulzentrum HAK/HTL in St. Pölten

Bei diesem Bundesschulzentrum wurde der bestehende asphaltierte Parkplatz durch Entsiegelungsmaßnahmen im Jahr 2019 hydraulisch vom Mischwasserkanal entkoppelt. Überflutungen im Keller sind seither nicht mehr aufgetreten und die Parkplätze werden zunehmend beschattet. Die Bepflanzung in den streifenförmig angelegten Grünbereichen wurde mit Bäumen und Büschen ausgeführt. Die Wasserversorgung der Anlage erfolgt ausschließlich über die Regenwasserzufuhr von den umgebenden Parkplatzflächen. Besonders bewährt hat sich die Kombination mit dem Umbau des Werkstättendaches von einem Blechdach zu einem Extensiv­Gründach, was im weiteren Sinn eine effektive Entsiegelungsmaßnahme darstellt.

Parkplatz Schulzentrum St. Pölten, © Georg Zeleny

Siedlung in der Marktgemeinde Prottes

Ein neues Siedlungsgebiet in der Marktgemeinde Prottes (NÖ) wurde mit DrainGarden©­Substratkörpern so ausgestattet, dass die gesamten öffentlichen Flächen ohne Regenwasserkanalisation auskommen und die Anlagen auch Starkregenereignisse problemlos aufnehmen können. Das Wasser wird in die Grünflächen eingeleitet und dient auch der Wasserversorgung der Pflanzen, wobei das gefilterte Wasser bei entsprechendem Anfall auch retendiert wird und in weiter Folge versickern kann.

Schulgasse in Herzogenburg

In der Stadtgemeinde Herzogenburg wurde die Schulgasse im Jahr 2015 mit Grünflächen bzw. Substratkörpern ausgestattet, die mit Bäumen und Stauden bepflanzt wurden und die die Entwässerung der öffentlichen Flächen sicherstellen. Die Bewässerung bzw. der Gasaustausch erfolgt unmittelbar über die Oberfläche des Substrates ohne Bewässerung der Anlagen. Die bestehende Kanalisation wird wirkungsvoll entlastet.

Schulgasse in Herzogenburg, © David Schreiber

Resümee

Grundsätzlich ist es somit in beinahe allen urbanen Bereichen möglich, Anlagen verschiedener Art gemäß dem Schwammstadtprinzip auszuführen und damit bei öffentlichen Plätzen, Siedlungsstraßen und Parkplätzen sowie gewerblichen und privaten Flächen erhebliche Verbesserungen im Sinne der Klimaresilienz zu erreichen. Die örtlichen Randbedingungen wie bestehende Bauwerke, Einbauten, sonstige Flächennutzungen und Bodenverhältnisse sind aber unbedingt im Planungsprozess zu berücksichtigen. Egal welche Bauweise gewählt wird und zum Einsatz kommt, ist es für die korrekte und wirtschaftliche Auslegung sowie die technisch richtige Ausführung notwendig, die Anlagen durch sachkundige Planer bearbeiten zu lassen. Bei der Umsetzung von Projekten ist es immer sinnvoll, die Anrainer sowie Nutzer der Flächen in den Gestaltungsprozess miteinzubinden. Abschließend wäre zu erwähnen, dass es für sehr viele Schwammstadt­Projekte auch Förderungen vom Bund und den Ländern gibt.


Literatur- und Normenverzeichnis

[1] ÖWAV­Regelblatt 45: Oberflächenbewässerung durch Versickerung in den Untergrund, Hrsg: Österreichischer Wasser­ und Abfallwirtschaftsverband, Wien, 2015.

[2] ÖNORM B 2506 Teile 1 bis 3: Regenwasser­Sickeranlagen für Abläufe von Dachflächen und befestigten Flächen. Teil 1: Anwendung, hydraulische Bemessung, Bau und Betrieb, 1. August 2013. Teil 2: Qualitative Anforderungen an das zu versickernde Regenwasser sowie Anforderungen an Bemessung, Bau und Betrieb von Reinigungsanlagen, 15. November 2012. Teil 3: Filtermaterialien – Anforderungen und Prüfmethoden, 15. Juli 2018.

[3] BGBl. II Nr. 98/2010 id.g.F.: Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser – QZV Chemie GW, 29. März 2010.

[4] ÖWAW 7­8/2023: Sedimenttransportprozesse – Vom Einzugsgebiet zum Einzelstein. Zeiser, A.; Rath, S.; Grimm, K.; et al.: Überlegungen zur Dimensionierung und Ausführung des Systems Schwammstadt für Bäume, 449, Hrsg: Österreichischer Wasser­ und Abfallwirtschaftsverband, Wien, 2023.

[5] Schwammstadt Graz, Referat Grünraum und Freiraumplanung, verfügbar unter https://www. graz.at/cms/beitrag/10290985/7757216/Referat_Gruen_und_Freiraumplanung.html, geprüft am 16. Mai 2024.

[6] Streettree, Projekthomepage, GrünStattGrau, verfügbar unter https://gruenstattgrau.at/news/ projekt/streettree/, geprüft am 16. Mai 2024.

[7] Planungshilfe DrainGarden, Zenebio GmbH, Wien, 2024.