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Interview

Auszug aus dem Interview zum Thema „Regenwassermanagement - Entsiegelung - Klimaschutz“

 

Interviewpartner: Karl Grimm, Landschaftsarchitekt und Ziviltechniker, und Dirk Muschalla, Leiter des Instituts für Siedlungswasserwirtschaft und Landschaftswasserbau an der TU Graz

 

Christian Vondrus (CV-Consulting): "Wo meinen Sie, sollte man besonders ansetzen und wo sehen Sie die beste Wirkung für Klima, Wasserschutz und Menschen - durch die Vermeidung zusätzlicher Versiegelung von Grünflächen oder der Entsiegelung von oft unnötig versiegelten Flächen im urbanen Raum bzw. bei Gewerbeflächen? Welche Chancen und Anforderungen ergeben sich daraus für die Bauwirtschaft?"

 

Dirk Muschalla

… Die Entsiegelung unnötig versiegelter Flächen kann durch Programme und Förderungen zur Umwandlung dieser Flächen in Grünflächen oder durchlässige Oberflächen vorangetrieben werden. Dies würde Hitzeinseln reduzieren, die Regenwasserbewirtschaftung verbessern und natürliche Lebensräume wiederherstellen, was zu einer Annäherung an den natürlichen Wasserhaushalt führt. Für die Bauwirtschaft bedeutet dies Bedarf an spezialisierten Bau- und Umgestaltungsmaßnahmen sowie die Schaffung neuer Arbeitsfelder im Bereich Renaturierung und nachhaltige Stadtentwicklung.

Ein wichtiger Ansatz zur Förderung dieser Maßnahmen könnte das Modell des Gebührensplittings wie in Deutschland sein. Hierbei werden die Niederschlagswassergebühren nach dem Grad der Versiegelung des Grundstücks bemessen. Dieses System motiviert Eigentümer, versiegelte Flächen zu entsiegeln oder durchlässige Materialien zu verwenden. Die Auswirkungen sind vielfältig: Verringerung der Oberflächenabflüsse, Entlastung der Kanalisation, Verbesserung der Grundwasserneubildung und Reduktion von Hochwasserrisiken. Für die Bauwirtschaft eröffnen sich dadurch Möglichkeiten zur Entwicklung und Umsetzung von Entsiegelungsmaßnahmen, Installation von Versickerungsanlagen und Gestaltung von Grünflächen. ....

 

Christian Vondrus (CV-Consulting): "Welche Projekte und Lösungen aus dem Bereich der blau-grünen Infrastruktur aus den letzen Jahren würden Sie als Leuchtturmprojekte bezeichnen und sollten bei Entscheidungsträgern und Sachverständigen bekannt sein?"

 

Karl Grimm

Für mich ist ein Paradebeispiel blau-grüner Infrastruktur das schon erwähnte „Schwammstadtprinzip für Bäume“. Es schafft Wurzelraum für Bäume und Retentionsraum auch unter befestigten Oberflächen, wie etwa Gehsteigen, Parkstreifen, Multifunktionsstreifen und Radwegen. Dabei wird ein lastabtragendes und porenreiches Skelett aus grobem Steinmaterial („Grobschlag“) geschaffen und in die Hohlräume Feinsubstrat eingebracht, das Wasser und Nährstoffe pflanzenverfügbar speichert. Ein luft- und wassergängiges Porensystem bleibt langfristig und über Sickerrohre beschickt. Überschüssiges Wasser versickert ins Grundwasser oder wird abgeleitet. Die Bauweise bildet ausgewählte Eigenschaften eines natürlichen Bodens nach und verbindet diese mit den technischen Anforderungen an einen Straßenunterbau. Primäres Ziel sind Stadtbäume, die alt werden und ihre volle Funktionsfähigkeit als grüne Infrastruktur im Siedlungsraum erreichen. Die Grundsätze dieser Bauweise sind einfach. Die standortsbezogene Anwendung und die Optimierung sind aber anspruchsvolle Planungsaufgaben über Fachgebietsgrenzen hinweg. Qualitätssicherung auf der Baustelle wird an Bedeutung gewinnen. Ein eben realisiertes und zukunftsweisendes Beispiel ist die innere Stadtentwicklung „Neues Landgut“ in Wien. …..

Das gesamte Interview finden Sie in OIB aktuell, 2.2024