Inhalt:
Interview
Auszug aus dem Interview zum Thema „Schallschutz“
Interviewpartner: Erich Kern, geschäftsführender Gesellschafter der Kern+Ingenieure Ziviltechniker GmbH, und Christoph Lechner, Vorstand der Abteilung Emissionen Sicherheitstechnik Anlagen im Amt der Tiroler Landesregierung
Thomas Unger (OIB): "Braucht es eine Regelung für Wärmepumpen in der OIB-Richtlinie 5?"
Erich Kern
Bei diesem Thema gibt es einen noch größeren Zielkonflikt als beim Trittschallschutz. Energiepolitisch sind Wärmepumpen ein wichtiges Mittel im Ausbau der erneuerbaren Energiesysteme und dementsprechend wird ihre Anwendung auch massiv gefördert. Trotzdem können sie einem Nachbarn das Leben zur Qual machen. Wer schon einmal von einem ständigen, monotonen Lärm beeinträchtigt wurde, kann das nachvollziehen. Ein Schlafen bei offenem Fenster ist nicht mehr möglich. Zudem wird man auf dieses Geräusch sensibilisiert, bis man es auch im Ohr hat, wenn die Wärmepumpe gar nicht in Betrieb ist.
Mein Mitgefühl ist daher bei den von den Schallimmissionen einer Wärmepumpe Betroffenen. Wärmepumpen werden derzeit in den Bauordnungen der Bundesländer unterschiedlich geregelt. So sind z. B. in Wien Anlagen, die geeignet sind, eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen, bewilligungspflichtig, während Wärmepumpen in Niederösterreich nur meldepflichtig sind. Ein „Schallbonus“ für Wärmepumpen ist für mich nicht nachvollziehbar. Was hat man von einer klimafreundlichen Energienutzung, wenn dadurch die Lebensqualität wesentlich beeinträchtigt ist? Ich plädiere für eine Regelung, wie sie z. B. in der ÖAL-Richtlinie 3, Blatt 1 beschrieben ist. Es ist technisch machbar, auch wenn manche Hersteller von Wärmepumpen dies verneinen. Allerdings habe ich die Befürchtung, dass eine Regelung in der OIB-Richtlinie 5 noch lange keine bundesweit einheitliche Vorgangsweise garantiert. Die Lobbyisten der Hersteller haben bereits angekündigt, bei den Landesregierungen entsprechend vorstellig zu werden. Noch ein wichtiger Punkt: Ich bin strikt gegen Regelungen in Bauordnungen, bzw. OIB-Richtlinien, die Erleichterungen für Wärmepumpen vorsehen. Hier besteht die Gefahr, dass die Betroffenen auf den Zivilrechtsweg „abgeschoben werden“, mit allen damit verbundenen Nachteilen.
Thomas Unger (OIB): "Raumakustik hat im Vergleich zu Bauakustik die eigenen Nutzer im Fokus. Sollten daher die Anforderungen an die Raumakustik besser den Nutzern selbst überlassen bleiben?"
Christoph Lechner
Grundsätzlich ist diese Frage einer Überlegung wert. Wir kennen aus dem Anforderungsregime der OIB-Richtlinie 5 den ähnlich gelagerten Fall des Schallschutzes innerhalb von Nutzungseinheiten. Hier sind ganz bewusst keine Anforderungen definiert, da dies organisatorisch zu regeln ist bzw. dem freien Gestalten des Inhabers überlassen bleibt. Wie gut nun Geräusche aus einem Kinderzimmer im Elternschlafzimmer oder benachbarten Heimbüro wahrnehmbar sind, obliegt keiner verwaltungsrechtlichen Festlegung. Gerade hier liegt aber der Anknüpfungspunkt für mögliche Festlegungen. Raumakustische Maßnahmen verfolgen zweierlei Zwecke, Lärmminderung und Hörsamkeit. Bei Letzterer werden bereits in der OIB-Richtlinie 5 für außergewöhnlich hohe Anforderungen Ausnahmen getroffen, beispielsweise sind Konzertsäle oder Tonaufnahmestudios genannt. Die Logik dahinter ist aber mehr dem Umstand geschuldet, dass mit den üblichen beschreibenden Größen in solchen Fällen gar nicht das Auslangen gefunden werden kann. Was die Lärmminderung betrifft, so gibt es gute Argumente, weshalb ein Gesetz- oder Verordnungsgeber dies zum Schutz der Betroffenen vorschreiben könnte. Ähnlich gelagert ist dies auch mit der Hörsamkeit, so diese zur Erreichung des Nutzungszweckes notwendig ist. Hier denke ich vor allem an Unterrichtsräume, in denen eine gute Raumakustik essentiell ist. Es gibt also gute Gründe, warum Festlegungen für die Raumakustik auch im Baurecht verankert werden sollen. Daher mein Resümee: Ein eindeutiges „Ja“ zur verwaltungsrechtlichen Festlegung raumakustischer Anforderungen, wenn es nicht gerade Opernhäuser sind.
Das gesamte Interview finden Sie in OIB aktuell, 1.2023